22. Mai 2005 (NRW-Wahlsonntag):

Der Kanzler hat gesprochen – oder Pisa lässt grüßen

ARD und ZDF haben gerade die ersten Hochrechungen der NRW-Wahlergebnisse mit dem allerseits erwarteten Gewinn der CDU verbreitet, da erscheint unser Bundeskanzler und verkündet, dass er für den Herbst Neuwahlen des Deutschen Bundestages anstrebe. Und alle Fernsehkommentatoren nennen das die Sensation dieses Wahlabends. Viel sensationeller ist für mich jedoch Gerhard Schröders Wortwahl: „Herbst dieses Jahres”.

Jahrelang hatten wir im Freundeskreis über Schröders permanent falsches „diesen Jahres” gelästert – hatten alle, die den gleichen Fehler machten, damit entschuldigt, dass sie ja nur Gerhard-Schröder-Deutsch sprächen: „Bis morgen fünfzigmal abschreiben: des Tages, der Woche, des Jahres – dieses Tages, dieser Woche, dieses Jahres”.

Einer unserer Berliner Freunde (mit dem Hobby: Fernseh- und Zeitungsredaktionen auf Fehler hinweisen) hatte sogar „eines Tages im Frühjahr dieses Jahres” im Bundeskanzleramt angerufen und – mit dem Hinweis auf des Kanzlers besondere Vorbildfunktion für unsere Schüler – darum gebeten, den Kanzler doch einmal darauf aufmerksam zu machen. Die arrogante Antwort der Dame am Kanzlertelefon: „Was wichtigeres haben Sie wohl nicht?” (oder so ähnlich).

Mein erster Gedanke: Der Mann im Kanzleramt ist noch lernfähig! Solch ein Erlebnis kann einen ganzen Abend verschönern!

Unseren Lacherfolg des Abends fabrizierte dann Thomas Roth, der Leiter des ARD-Hauptstadtstudios. In seinem Kommentar präzisierte er den anstehenden Wahltermin: „wahrscheinlich am 18. September diesen Jahres”. So wird die räumliche Nähe zum Bundeskanzleramt verinnerlicht.
 
 

27. März 2005 (Ostersonntag):

Hässlich ist häßlich und gräulich noch viel greulicher

Du hältst es für altmodisch, dass ich nach vielen Jahren mit der Rechtschreibreform jetzt wieder zur bewährten Orthographie zurückgekehrt bin.

Gegen Ende des vergangenen Jahrtausends zwang mich mein Arbeitgeber zur Anwendung der „Neuen” Rechtschreibung und grundsätzlich hatte ich auch nichts gegen diese Reform einzuwenden. Sie war ja angeblich von Fachleuten erarbeitet worden und sollte den deutschen Kindern das Lernen der benötigten Lese- und Schreibfähigkeiten leichter machen.

Nun sind knapp zehn Jahre vergangen und überall – nicht nur im Internet – kann man sehen, dass das Gegenteil eingetreten ist; inzwischen schreibt jeder wie er will: im gleichen Text werden oft mehrere Schreibvarianten des gleichen Wortes benutzt.

Zu Beginn des Jahres 2005 fragte ich eine Lehrerin – die auf der Homepage Hilfe zu ihrem Lehrbuch angeboten hatte – nach einer Errataliste. Ich hatte die zahlreichen Fehler beim Verlag vermutet und gar nicht daran gedacht, dass viele Verlage heute auf jegliches Lektorat für ihre „Fach”-Bücher verzichten und die vom Autor gelieferten Disketten oder CD gleich unkorrigiert in Druck geben. Die nicht mehr ganz junge Dame war sehr erstaunt, dass in ihrem Werk viele Fehler sein sollten. Mir waren hauptsächlich deutsche Fehler aufgefallen und ich wollte nur vermeiden, mir beim Auffrischen einer Fremdsprache Falsches einzuprägen.

Das war dann der auslösende Grund, eine der vielen Freiheiten zu nutzen, die mir das Leben als Rentner bietet – ich schließe mich jetzt dem allgemeinen Trend an und schreibe endlich auch so „wie ich will”.
 
 

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